Nachwuchsmangel im Handwerk – Duale Ausbildung stärken

Zur Nachwuchssituation im Handwerk hielt der Fraktionsvorsitzende Christian Baldauf folgende Rede vor dem Landtag während der Aktuellen Debatte am 23. August:

Wir erleben am Ausbildungsmarkt massive Veränderungen.

Immer mehr Branchen in Rheinland-Pfalz spüren die Auswirkungen des Fachkräftemangels. Viele Betriebe beklagen zunehmende Auswirkungen des Fachkräftemangels auf ihr Geschäft.

Das Handwerk ist in Rheinland-Pfalz ein bedeutender Wirtschaftsfaktor und leistet einen wichtigen Beitrag für Ausbildung, Beschäftigung und Wohlstand in unserem Land. Rund 52.000 Handwerksbetriebe in Rheinland-Pfalz beschäftigen knapp 261.000 Menschen (davon 22.000 Auszubildende) und erzielen einen Umsatz von rund 25 Milliarden Euro. Eine eindrucksvolle Zahl.

Junge, talentierte Menschen entscheiden sich viel zu selten für eine solide Ausbildung im Handwerk. Gleichzeitig steigt die Zahl der Studenten. Wir müssen deshalb ein stärkeres Bewusstsein für die Attraktivität des Handwerks schaffen. Auf einem Ausbildungsberuf lässt sich ein erfolgreiches Berufsleben gründen!

Derzeit wird allzu oft ein falsches Bild von der dualen Ausbildung vermittelt. Dabei kann eine Ausbildung im Handwerk eine attraktive Alternative zum Studium sein. Vom Lehrling zur Führungskraft, bis zum Betriebsleiter oder Geschäftsführer – das ist keine Seltenheit für einen ambitionierten Kopf. Eine Karriere im Handwerk ist vielfältig und ebnet viele Möglichkeiten. Auch bei der Gehaltsentwicklung braucht das Handwerk den Vergleich mit akademischen Berufen nicht zu scheuen. Ein guter Facharbeiter verdient mehr als mancher Geisteswissenschaftler! 

„Rheinland-Pfalz fehlen die Fachkräfte!“ Ein Satz, der mittlerweile kaum mehr wirkt, weil er so oft wiederholt wird. Ein Satz, der jetzt schon Auswirkungen auf unseren Alltag hat und in einigen Jahren noch wesentlich härter zu spüren sein wird:

  • Wir alle werden es vermissen, wenn es keine echten Bäckerbetriebe mehr gibt, sondern nur noch industrielle Aufback-Filialen.
  • Wenn es uns in den Büros zu heiß wird, weil es nicht genügend Anlagentechniker gibt, die die Klima-Anlage reparieren.
  • Wenn wir wochenlang auf einen Maler, Schreiner oder Elektriker warten müssen, weil die Betriebe kein Fachpersonal mehr finden.

In vielen Unternehmen bleiben Ausbildungsstellen unbesetzt, ihnen fehlt Nachwuchs. Die Wartezeiten bei Handwerkereinsätzen steigen weiter. In bestimmten Branchen besteht heute schon eine Wartezeit von bis zu zehn Wochen für einen Handwerkertermin und oft noch viel länger. Besonders im ländlichen Raum sind Unternehmensnachfolgen inzwischen häufig ungeklärt. Auch hier hat der Mangel an Nachwuchskräften erhebliche Auswirkungen. Das hat zur Folge, dass immer mehr Betriebe schließen müssen.

Das deutsche Handwerk verfügt – im Gegensatz zu unseren europäischen Nachbarn – über ein einmaliges Instrument für mehr Ausbildung, weniger Jugendarbeitslosigkeit und höhere Wettbewerbsfähigkeit: den Meisterbrief. Er ist damit Vorbild in Europa.

Wenn wir dieses Erfolgsmodell in Rheinland-Pfalz schützen und stärken wollen, müssen wir mehr tun als bisher. Wir müssen die Herausforderung, die die Bewältigung des Fachkräftemangels darstellt, entschlossen angehen. Drei zentrale Punkte sind dafür entscheidend:

  1. Schulabsolventen müssen ausbildungsreif sein Heute reden wir nicht über den Schulanfang, sondern über das Schulsystem insgesamt. Ich darf meinen Kollegen Thomas Barth zitieren, der Ihnen gestern gesagt hat, dass nahezu jedes vierte Grundschulkind beim Lesen gerade einmal Kompetenzstufe 1 erreicht – also nicht „sinnbegreifend lesen kann“ – ein Ergebnis des Bildungstests VERA 3, im Jahr in 2017. Die Ausbilder und Inhaber der Betriebe, die ich besuche, bestätigen mir genau das. Sie müssen nachschulen, bevor es an die Vermittlung von Fachwissen geht. Deshalb fordert die CDU-Fraktion: Die Grundlagenvermittlung – schon in der Grundschule – muss besser werden.
  2. Die Berufsschulen müssen gestärkt werden Das beginnt mit der Beseitigung von Unterrichtsausfällen. Die Berufsschulen liegen hier auf dem letzten Platz. Sie sind das Stiefkind der Landesregierung. Ziel muss es sein, ein attraktives, wohnortnahes und bedarfsgerechtes Angebot in der beruflichen Bildung vorzuhalten.
  3. Bewerber und Betriebe müssen besser zueinander finden können und zusammengebracht werden dort, wo die Nachwuchsprobleme am größten sind, muss Berufsorientierung intensiviert werden. Deshalb setzt sich die CDU-Fraktion dafür ein: – Schüler verstärkt über mögliche Ausbildungsmöglichkeiten zu informieren, zum Beispiel durch eine Ausweitung der Berufs- und Studientage.
    – Berufskoordinatoren mehr Stunden zur Verfügung zu stellen.
    – Das Angebot an Schüler- und Berufspraktika auszubauen.
  4. Qualifizierte Zuwanderung als mögliche Lösungsoption zur Bekämpfung des Fachkräftemangels in Betracht ziehen.
  5. Der Meisterbrief hat sich als Qualitätssiegel bewährt. Das Wegfallen der Meisterpflicht in vielen Bereichen – wie etwa bei Fliesenlegern – hat zu Qualitätsverlusten geführt. Deshalb stehen wir zur Meisterpflicht.

Das sind wichtige Schritte, damit das Handwerk wieder mehr Wertschätzung in unserer Gesellschaft erhält.